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Lenny Kravitz "extrem funky"
Interview mit Eins Live in 2004
40. Geburtstag, Endlich erwachsen, Baptism, Schüchternes Sexsymbol, Streben nach Einfachheit, Eine Liebeserklärung

Neues Album : Baptism (2004)
Lenny Kravitz
Der omnipotente Lover und der egozentrische Rockstar sind Vergangenheit. Nach der gescheiterten Beziehung zu Schauspielerin Nicole Kidmann sucht Lenny Kravitz sein Heil in der Musik - und in einer neuen Weltanschauung. Auf "Baptism" setzt er weniger auf Image und Klischees, als auf therapeutische Songs über sein verletztes Selbstbewusstsein, seine tiefsten Wünsche und nicht zuletzt die zahlreichen kleinen Sünden der Vergangenheit. Mit denen ist jetzt Schluss ...

Der neue Lenny ist aufmerksam, weltoffen und voller positiver Energie. Eins Live Reporter Marcel Anders traf ihn in Miami: Frei nach dem Motto "mein Haus - mein Auto - meine Yacht" setzt Lenny auf materialistisches Klotzen statt Kleckern. Mit einem feudalen Anwesen an der Sunset Avenue von Miami, inmitten eines streng bewachten Promi-Viertels, in dem es vor Villen und Palästen nur so wimmelt und das Normalsterbliche nur mit Durchfahrtsgenehmigung betreten dürfen. Was sich Herr Kravitz mit seinen bisherigen sechs Alben erspielt hat, ist mehr als bemerkenswert: Eine weiße, zweistöckige Villa im spanischen Kolonialstil, direkt am Wasser gelegen, wo auch gleich noch eine türkisfarbene Motoryacht und zwei Bombardier Wasserskijets liegen. Wer hat, der hat. Doch wie Lenny mit einem Hauch von Selbstironie sagt: Geld allein, macht auch nicht glücklich.

40. Geburtstag
Eins Live: Du wirst in ein paar Tagen 40 ...
Lenny Kravitz: Ja, richtig.

Eins Live: Eine erschreckende oder eine angenehme Vorstellung?
Lenny Kravitz: Das ist fantastisch! Noch nie hat ein 40-Jähriger so toll ausgesehen wie ich. (lacht)

Eins Live: Schmeißt du eine große Party?
Lenny Kravitz: Nicht wirklich. Ich will einfach nur mit den Leuten zusammen sein, die ich liebe und die mir wirklich etwas bedeuten. Mit denen möchte ich ein wirklich tolles, elegantes Abendessen genießen. Es soll etwas ganz Ruhiges, Friedliches werden, bei dem man wunderbar entspannen kann. Und das einfach nur nett ist.

Eins Live: Wenn du heute auf deine lange Karriere zurückblickst, hast du dann das Gefühl, bereits alles gesehen und erlebt zu haben, oder gibt es da noch etwas, das dich richtig hungrig macht, das du unbedingt noch erreichen willst?
Lenny Kravitz: Da ist noch alles offen, und es gibt noch so viele Dinge zu erleben. Diese neue Platte ist zum Beispiel wie ein Neubeginn für mich. Bei den Aufnahmen hatte ich ein ähnliches Gefühl wie damals, ganz am Anfang meiner Karriere, als ich "Let love rule" einspielte. Es war dieselbe Aufregung, dieselbe Euphorie, dieselbe Leidenschaft. Und deswegen kann ich es auch kaum erwarten, wieder auf Tour zu gehen und diese Songs live zu spielen. Dabei muss ich sagen, dass die letzte Tour wirklich sehr schwierig war. Ich hatte damals eine Menge persönlicher Probleme und war völlig gestresst. Deswegen war es auch so schwer, jeden Abend auf der Bühne zu sein. Aber das habe ich hinter mir. Ich habe wieder dieses Gefühl von Begeisterung und Euphorie, bin völlig ausgeglichen und glücklich.

Eins Live: Wie kommt's? Weil du auf diesen Songs alles rauslässt und einen regelrechten Seelenstriptease betreibst?
Lenny Kravitz: Gute Frage. Wobei ich eigentlich auch meine bisherigen Platten sehr offen und ehrlich fand. Schließlich haben sie immer gezeigt, was ich gerade durchmache und erlebe. Aber diese Platte birgt schon eine gewisse Selbstanalyse.

Endlich erwachsen
Eins Live: Das klingt wie "endlich erwachsen" ...
Lenny Kravitz: Ach, weißt du, wenn du 20, 25 und vielleicht auch noch 30 bist, erfährst du all diese Sachen und machst einfach unglaublich viele Fehler. Und die machst du auch weiterhin, denn das Leben ist ja nichts weiter als eine andauernde Reise, ein ständiges Wachsen und Lernen aus seinen Fehlern. Aber du hast eben auch die entsprechende Zeit, all das durchzumachen. Dabei habe ich das Gefühl, dass die Entscheidungen, die ich jetzt treffe, besonders wichtig sind. Und dementsprechend verhalte ich mich auch.

Eins Live: Ist das der neue, der geläuterte Lenny Kravitz?
Lenny Kravitz: So weit würde ich nicht gehen. Obwohl das schon irgendwie stimmt. Nur fühle ich mich halt noch längst nicht erwachsen, und das ist ja das Tolle daran, ein Künstler und Musiker zu sein: Du kannst deine kindlichen Qualitäten so lange behalten, wie du willst. Und Kinder lieben es nun mal, etwas zu kreieren und ihre Fantasie auszuleben. Mir als Musiker geht es nicht anders. Aber ich bin definitiv viel aufmerksamer und umsichtiger geworden, als ich es früher war.

Eins Live: Das alte Sprichwort lautet, dass Rock'n'Roll etwas für junge Leute ist. Wie stehst du dazu? Überlässt du den Vines, Strokes und White Stripes freiwillig das Feld?
Lenny Kravitz: Gott segne sie alle! Ehrlich. Lass es mich so sagen - und da nehme ich Mick Jagger von den Rolling Stones als Beispiel: Von den Gruppen, die du gerade aufgezählt hast, vermag niemand, eine ähnlich gute Show abzureißen, wie dieser 60-jährige Mann, der zweieinhalb Stunden über die Bühne irgendwelcher Stadien läuft und die Leute zum Ausflippen bringt. Das Spiel für junge Leute ist also nichts als ein Mythos.

Eins Live: Der Grund, warum ich dich nach den Retro-Bands frage, ist der, dass du diesen Sound seit mittlerweile 15 Jahren propagierst und somit ein Pionier auf dem Gebiet bist. Trotzdem gelten sie als jung und hip, du dagegen als Dinosaurier - macht dich das zynisch? Kannst du darüber lachen?
Lenny Kravitz: Und ob! Ich habe keinerlei Probleme damit. Ganz einfach, weil ich auf gute Musik stehe - egal, aus welcher Richtung und in welchem Stil. Aber du hast Recht: Irgendwie ist das schon witzig. Trotzdem akzeptiere ich die Leute für das, was sie da tun.

Baptism
Eins Live: Bist du der letzte deiner Art? Der "Minister of Rock'n'Roll", wie der Opener deines neuen Albums verkündet?
Lenny Kravitz: (grinst) Es ist wie es im Song heißt: "Wenn du mich brauchst, bin ich immer für dich da." Und ich bin wirklich einer der letzten Vertreter meiner Art, meines Genres. Traurig, aber wahr.

Eins Live: Ein Mann mit Mission?
Lenny Kravitz: Meine Mission ist einfach, Musik zu machen und mir selbst Freude zu bereiten. Mehr nicht, und deswegen nehme ich das und auch mich nicht zu ernst. Im Gegenteil: Der "Minister of Rock'n'Roll"-Song hat sogar jede Menge Humor, und ich bin einfach da, um mein Ding zu machen.

Eins Live: Das Album zeigt nicht nur einen starken, predigenden Lenny, sondern auch einen schwachen, der voller Probleme und Zweifel steckt, der seinen Platz in der Welt sucht, der von einer festen Beziehung, von einer richtigen Familie und einem anderen, ruhigen Leben träumt, oder?
Lenny Kravitz: Richtig, und diese Sachen habe ich mir einfach so von der Seele geschrieben. Dabei kann ich mir gegenüber schon sehr hart sein. Eben, weil ich immer versuche, zu wachsen und mich zu verändern. Gleichzeitig wiederhole ich aber auch immer bestimmte Verhaltensmuster und Dinge, von denen ich genau weiß, dass sie nicht wirklich gut für mich sind. Oder ich umgebe mich mit Leuten, die ich eigentlich meiden sollte. Ich für meinen Teil bin nun mal sehr harsch gegenüber mir selbst. Und diese Platte hat es mir ermöglicht, endlich mal umzudenken, mich zu öffnen und ein bisschen lockerer an die Sache heranzugehen. Und das ist ein großer, wichtiger Schritt für mich. Eben, weil ich mich sonst immer sehr kritisch beobachte und immer irgendetwas an mir und dem, was ich tue, zu bemängeln habe. Sobald ich dieses Album fertig hatte, erkannte ich, worum es mir darauf geht: Mich endlich als der zu akzeptieren, der ich wirklich bin. Mit allen Fehlern und Makeln. Mit allen Dingen, die ich tue, und dabei gar nicht so toll finde. All das akzeptiere ich nicht nur, ich gestehe es mir sogar erstmals zu, nehme es als cool und als Teil meiner Persönlichkeit. Das bin ich. Will ich mich deswegen immer noch verändern? Natürlich! Aber ich gehe da nicht mehr so ehrgeizig und verbissen dran wie früher, sondern viel entspannter.

Schüchternes Sexsymbol
Eins Live: Dann ist das Album ein Schlussstrich unter deinen bisherigen Lifestyle? Das Manifest des neuen Lenny K.?
Lenny Kravitz: Ich habe auf jeden Fall angefangen, mich endlich als der zu akzeptieren, der ich bin. Und ich werde ganz bewusst und gezielt versuchen, immer weiter zu kommen und immer besser zu werden, ohne mich dabei groß unter Druck zu setzen.

Eins Live: Wobei es mindestens zwei verschiedene Lennys gibt - einmal den schüchternen Privatmann, andererseits die beinahe mystische Figur des omnipotenten Rockstars und Sexgotts: Welche willst du nun ändern?
Lenny Kravitz: (lacht) Beide! Und weißt du, was das Lustige daran ist: Man scheint mir das nicht zuzutrauen oder zuzugestehen. Ich hatte vor ein paar Tagen dieses Interview in New York, in dem ich auch über meine harsche Selbstkritik, meinen Willen nach Veränderung und über dieses Album als Versuch der Selbstakzeptanz gesprochen habe. Aber diese Journalistin, die mir da gegenübersaß, konnte das einfach nicht begreifen. Für sie war ich Lenny, der Rockstar, oder als was man mich auch immer bezeichnet. Insofern war es für sie unfassbar, dass auch ich ganz normale menschliche Gefühle und Probleme habe. Sie hat mich mit großen Augen angestarrt und gestammelt: "Das meinst du doch nicht ernst, oder? Du erwartest doch nicht, dass ich das schreibe - und vor allem, dass die Leute glauben - du würdest dich in deiner Haut nicht wohl fühlen?" Ich war wie vor den Kopf gestoßen. "Es ist genau so, wie ich es dir sage." Aber ich habe sofort gespürt, dass sie mir nicht glaubt. Und das nur wegen dieses verdammten Images, wegen dieses Rockstar-Gelabers und dieses ganzen Promi-Blödsinns. Deswegen glaubt dir kein Mensch, dass du dieselben Probleme und Unsicherheiten haben könntest, wie jeder andere auch.

Eins Live: Mal ehrlich: Liest du alles, was so über dich, den Rockstar Lenny, geschrieben wird?
Lenny Kravitz: Nein, das wäre unmöglich. Ganz einfach, weil da so viel Mist dabei ist, dass du es irgendwann nicht mehr ertragen kannst. Also musst du es ignorieren. Vor allem diese ganzen Leute, die sich anmaßen, dich zu analysieren zu definieren, oder das, was du tust, als richtig oder falsch zu bewerten.

Eins Live: Aber ist es nicht auch sehr schmeichelnd, als großer Liebhaber und Beglücker aller Frauen bezeichnet zu werden?
Lenny Kravitz: Schon, aber ich versuche es trotzdem zu vermeiden. Und darum geht es ja auch auf dem Album, etwa in Songs wie "Destiny". Eben, dass ich einfach nur tue, was ich will. Ganz egal, was sie über mich sagen und von mir erwarten.

Streben nach Einfachheit
Eins Live: Du sinnierst oft darüber, wie gerne du ein ganz "normaler" Mensch wärst - was angesichts deines Lifestyles fast ein bisschen ironisch wirkt. Ist das wirklich dein Ideal, und wie willst du das je erreichen?
Lenny Kravitz: Ob du es glaubst oder nicht: Eigentlich bin ich ein sehr, sehr einfach gestrickter Typ. Und das trotz dieses ganzen Luxus, von dem ich umgeben bin. Meine Mutter hat mir schon früh beigebracht, mich nie über das zu definieren, was ich besitze, sondern über das, was ich bin. Ich habe da diesen Ort auf den Bahamas, den ich so oft wie möglich besuche, und wo ich in einer ganz simplen Hütte wohne. Was mir natürlich niemand glaubt. Wenn ich das erzähle, verdrehen die Leute immer die Augen und denken an wer weiß was für einen Luxus. Dabei ist es eine etwa 20 Quadratmeter große Hütte mit einem Raum und einem kleinen Badezimmer. Und ich liebe es, meine Zeit dort zu verbringen und ohne großen Komfort und ohne Luxus auszukommen. Wenn man morgens aufsteht, holt man sich ein paar Kokosnüsse oder angelt sich ein paar Fische. Man verbringt viel Zeit im Garten, bewegt sich ganz langsam und bewusst. Es ist ein Traum. Und deswegen habe ich mir fest vorgenommen, in Zukunft noch mehr simple Dinge zu tun und mich an einfachen Dingen zu erfreuen.

Eins Live: Also ist es nicht naiv oder gar unfreiwillig komisch, wenn der Multimillionär Lenny Kravitz einen Song wie "I don't want to be a star" schreibt?
Lenny Kravitz: Nein, ist es nicht. Ganz einfach, weil es ein sehr humorvoller Song ist, mit vielen witzigen Anspielungen. Und ich beschwere mich darin ja auch nicht - ich beobachte eigentlich nur. Und ich finde es unglaublich witzig, davon zu berichten, dass man zu viele Frauen hätte, zu oft in Versuchung gerät und sich zu viele Extravaganzen leistet. Das ist komisch. Fast schon eine Satire. Wobei der Song wirklich darauf beruht, eines Morgens aufzuwachen, einfach nur auf einen Kaffee in die Stadt fahren zu wollen und ein bisschen Spaß zu haben. Und rein theoretisch kann ich das auch, aber tatsächlich funktioniert es nicht, weil ich nirgendwo in Ruhe gelassen werde.

Eins Live: Das klingt nach einem Monster oder einem Gefängnis, das du dir selbst erschaffen hast.
Lenny Kravitz: Irgendwie schon. Aber gleichzeitig liebe ich mein Leben. Denn etwas Schlechtes kommt auch immer mit etwas Gutem. Und schau dich um: Das ist es, was ich zum Ausgleich bekommen habe - den Luxus, die Popularität, das Geld. Wobei das aber nicht das Wichtigste ist. Das Wichtigste ist immer noch die Möglichkeit, kreativ zu sein, mich selbst zu verwirklichen und einfach nur Musik zu machen.

Eine Liebeserklärung
Eins Live: Bleibt zum Abschluss noch die Frage nach der "Nice little lady", die du im gleichnamigen Song besingst. Eine Liebeserklärung an jemand Bestimmten?
Lenny Kravitz: Oh ja, definitiv. Es ist eine Liebeserklärung an jemanden, der mir sehr viel bedeutet. Eins Live: Eine gewisse Mrs. Kidman?
Lenny Kravitz: (lacht) Ich werde jetzt keine Namen nennen, aber das ist ja auch gar nicht notwendig. Die Leute sind ja nicht dumm, sie können zwei und zwei zusammenzählen.

Lenny Kravitz: "Die Liebe ändert sich nicht - die Liebe bleibt"

Eins Live: Wobei du sehr verliebt klingst ...
Lenny Kravitz: Das bin ich auch - immer noch. Selbst wenn sich die Dinge verändert haben, ändert das doch nichts an den Gefühlen, die ich für sie empfinde. Die Liebe bleibt immer da.

Eins Live: Und wie siehst du deine Zukunft? Wirst du dich mehr auf Familie, Zuhause und Geschäfte konzentrieren, statt Platten aufzunehmen und auf Tour zu gehen?
Lenny Kravitz: Nein, der nächste Schritt wird tatsächlich eine ausführliche Welttournee sein. Ich werde 18 Monate lang durch die Lande reisen, live spielen und Spaß haben. Und zwar jede Menge davon. Das ist alles, worum es mir geht.

Eins Live: Was erwartet die Fans?
Lenny Kravitz: Es ist eine andere, eine größere Band mit ein paar neuen Gesichtern. Insgesamt sind wir zu zehnt, was die Sache sehr druckvoll macht. Also Bläser, Keyboards, Backing-Sänger, Drums, Bass, Gitarre - das volle Programm. Wir sind extrem funky aber auch rockig und werden das gesamte Spektrum abgrasen. Eben mit Songs aus allen Alben.

Aber jetzt muss ich in die Küche. Meine Tochter kommt zum Abendessen, und ich wäre ein schlechter Vater, wenn ich mich nicht persönlich darum kümmern würde, oder?


Interview: Marcel Anders
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